Mindestens so lang wie das Wort Fitness gibt es Leute, die sich als Experten hierfür ausgeben. Natürlich gibt es Berater, auf deren Dienste Sie nicht verzichten sollten. Steuerberater gehören dazu, aber auch Planer, wenn Sie eine neue Anlage errichten. Beim Verkauf von Fitnessclubs benötigen Sie Menschen, die Kontakte zu den Expansionsabteilungen der großen Ketten haben. Sie nutzen Juristen, um Ihre AGB zu schreiben oder um Ihnen beim Arbeitsgericht Gesellschaft zu leisten. Gemeinsam verlieren ist schöner. Es gibt tolle Grafiker und Werbeagenturen, die die Fitnessbranche aus dem ff kennen und maßgeschneiderte Kampagnen für Sie erstellen können. Es gibt IT-Fachleute, die Sie möglichweise einsetzen, um Ihre Mitgliederverwaltung, den Vertrieb oder den Datenschutz zu verbessern. Das ist nicht die vollständige Liste der Dienstleistungen, die Sie im Laufe der Jahre in Anspruch nehmen werden, aber es sind die wichtigsten. Falls Sie weitere Berater engagieren, lassen Sie große Vorsicht walten. Geschmeidiges Auftreten und mitreißende Vorträge sind keine zuverlässigen Indikatoren für echtes Fachwissen. Viele Leute, die sich als Experten aufspielen, haben nicht die geringste Ahnung davon, was Sie benötigen.
Der Makler sagt Ihnen, dies ist ein guter Standort. Der Planer pflastert Ihnen die Anlage mit elektronischen Dispensern, Automaten und chipaktivierten Spindschlössern voll. Den Vogel schießen Sie mit BUS-gesteuerten Lichtschaltern ab. Der Geräteverkäufer schwärmt vom Rudergerät mit übergroßem Touchscreen. Marktexperten prognostizieren die Dominanz vollautomatisierter Discounter. Ein 23-jähriger Vertriebler der Studiosoftware erklärt Ihnen, dass Sie keine Mitgliederverwaltung brauchen. Für die Vorträge der meisten Berater gilt die Empfehlung des Silicon-Valley-Veteranen Geoffrey A. Moore: Discretely reach for your wallet and leave the room.
Woran liegt es, dass im Fitnessmarkt Selbstvertrauen ohne Sachkenntnis so verbreitet ist? Nun, zum Teil vermutlich, weil es einfach Spaß macht, in der Fitness zu arbeiten. Junge Leute, große Pläne, riesige Flächen, viel Hardware. Ich dachte, das wäre was für Moritz, sagte uns mal ein gut situierter Quereinsteiger. Seine geldfressenden Clubs hat er inzwischen für lau an einen Private Equity-Fonds weitergereicht. Vergleichen Sie das mit dem Vertrieb von Inkontinenzwindeln an Altenheime und Pflegedienste, ein weiteres boomendes Geschäft. Dann wird klar, warum sich so viele für die Fitness entscheiden, obwohl sie keinen blassen Schimmer davon haben.
Nein, der Strategieberater weiß nicht, wie die Fitnessbranche in zehn Jahren aussehen und welche Rolle virtuelle Welten oder ChatGPT darin spielen werden. Der Planer ahnt nicht, welche Spur der Verwüstung sein Schnickschnack in Ihrer Kostenstruktur hinterlässt. Leute, die Ihnen versprechen, dass an diesem Standort ein Discountkonzept erfolgreich sein wird, phantasieren. Sie haben sich keine Gedanken über die regionale Zahlungsmoral gemacht und kennen deren Auswirkung auf Ihre zukünftigen Forderungsverluste nicht.
Eines hat sich jedoch stets als richtig herausgestellt. Es gibt kein Erfolgsrezept, das überall funktioniert. Denken Sie an die wiederholten Versuche internationaler Ketten, den deutschen Markt im Sturm zu erobern. Wo sind die heute? Völlig verschwunden oder ein Schatten ihrer selbst. Wir werden uns auf Cluster in Metropolregionen konzentrieren, heißt es dann. Na klar. Was denn sonst? Die Mietverträge, welche die Konzernmutter garantiert, laufen ja noch eine halbe Ewigkeit. Im Fall einer Edelkette aus dem Vereinigten Königreich betrug die Erstlaufzeit der Mietverträge stolze 20 Jahre. Knallhart verhandelt von Anwälten aus dem Londoner Bankenviertel. 1.000 Pfund die Stunde. Im Bundesanzeiger schlägt sich diese Meisterleistung wie folgt nieder: Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag beträgt zum Bilanzstichtag TEUR 67.254. Die buchmäßige Überschuldung ist aufgrund der vorliegenden Rangrücktrittserklärung der Health & Fitness International Holdings N.V., Curaçao, beseitigt. Dutch Sandwich. Zumindest der Steuerberater hat einen guten Job gemacht.
Rainer Schaller, Pionier der deutschen Discount Fitness, sah 2010 das inländische Potential der Anlagen mit Banane bei 250 Stück. Eine surreale Fehleinschätzung, und zwar von einem Vollprofi. Kein Wunder, dass dies die Glücksritter aus der Spielhallenbranche auf den Plan gerufen hat. Die haben das Land mit durchgestylten Fitnessanlagen in quietschigen Farben vollgestellt. Geld wird dort nicht verdient, weil man sich auf Berater mit viel Selbstvertrauen und wenig Branchenerfahrung verlassen hat. Natürlich auch, weil die Auftraggeber rasches Wachstum erzwingen wollten. Ritter Rost, Eisenhart und voll verbeult. Rainer Schaller, so sagt die Folklore, hat den Teppich in seinem ersten Club selbst geklebt. Jetzt auch in Würzburg. Sein erster Club, wie gesagt. Auf so etwas muss man kommen. Hut ab. Das Sanierungskonzept der Spielstätten-cum-Fitness-Betreiber, die das Pferd von hinten aufgezäumt haben, wen wundert es: Personal raus, Kameras rein.
Ihr bester Berater ist der gesunde Menschenverstand. Wenn Sie ein exklusives Produkt anbieten, Rückenschule, Ernährungsberatung, Wellness, dann benötigen Sie ein nachhaltig zahlungswilliges Publikum. Das gibt es nicht überall, und Sie werden mehrere Jahre brauchen, um es in auskömmlichem Umfang für sich zu gewinnen. Wenn Sie durch den Preis hervorstechen möchten, dann sollten Sie die ganze Wertschöpfung neu denken. Darin sind die Holländer Spitze. Die spielen nicht mit einem Dutzend Konzepten herum und verlieren sich in Street-Style-Deko. Da gehen Drehtüren wie in der Justizvollzugsanstalt an den Start und Automaten, an denen Sie Ihren Vertrag selbst abschließen. Selfies oder Videos vom Training? Brauchen Sie nicht, denn die Kameras laufen 24/7. Mit durchschnittlich zweieinhalb Vollzeitäquivalenten wird der Club betrieben. Das sind 4.200 Arbeitsstunden für die 8.760 Zeitstunden eines Jahres. Hausmeister wäre eine glorifizierende Jobbeschreibung. Natürlich muss in regelmäßigen Abständen eine Palette neue Kleinteile angeliefert werden, und die Trainingsgeräte sind nach wenigen Jahren auf dem LKW nach Osteuropa. Dennoch, das sind Köpfchen und Konsequenz. Tugenden, die die Deutschen gern für sich reklamieren, diesmal aus der Tulpenmonarchie.
Gegen diese Leute können Sie nur gewinnen, wenn Sie entweder genau so gut oder wirklich anders sind. Berater werden Ihnen dabei nicht helfen.