Montag, 1. Juli 2024

Veganismus – Back to The Roots

Wir haben großen Respekt vor Menschen, die auf den Konsum von Fleisch verzichten, ob sie sich jetzt vegan, lacto, ovo oder lacto-ovo vegetarisch ernähren. Diese Lebensweise erfordert Willensstärke und sendet eine Botschaft der Individualität an die Welt: Ich will anders sein, ich möchte es besser machen. Natürlich geht es vielen Veganern und Vegetariern zudem um das Tierwohl, was äußerst löblich ist. Aber auch, wenn dies nicht so wäre, beeindruckt die Grundeinstellung. 

My home is my castle - ist das stolze Motto der Engländer. Doch Veganer und Vegetarier gehen noch einen entscheidenden Schritt weiter: Sie selbst sind die letzte Bastion. Da läuft es einem in positivem Sinne kalt den Nacken runter. Wie in diesen amerikanischen Filmen, wenn Hauptdarsteller die Truppe zum Kampf rufen oder ihre Moralvorstellungen erläutern: Saving Private Ryan, Gladiator, Avatar, etc. Meist ernähren sich die Protagonisten dieser Filme jedoch nicht rein pflanzlich, selbst die Na’vi nicht, die ja Hollywoods Definition eines Naturvolks sind. Das liegt wohl daran, dass wir hierfür nicht konstruiert wurden. Deshalb erfordert eine rein pflanzliche Ernährung große Umsicht und Fachkenntnis, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. 

Jahrhundertealte religiöse Traditionen werden häufig als Indiz dafür angeführt, dass die Vermeidung von Fleischkonsum nicht nur ethisch hochstehend ist, sondern auch gesundheitlich problemlos funktioniert. Ein prominentes Beispiel sind orthodoxe Hindus, wie die Brahmanen, Indiens Priesterkaste. Erste Zweifel an dieser Darstellung kamen in den 1970ern in England auf. Den dortigen Gesundheitsbehörden fiel damals auf, dass eine ungewöhnlich hohe Zahl orthodoxer Hindus einige Jahre nach der Übersiedlung ins Königreich an megaloblastärer Anämie litten, welche meist Folge von Vitamin B9- und B12-Mangel ist. Dies ohne Rücksicht auf ihren materiellen Wohlstand und ohne Veränderung ihrer Ernährungsgewohnheiten. Man stand vor einem Rätsel. Da die Engländer, anders als wir, im Gesundheitswesen gern auf belastbare und relevante Daten setzen, wurde eine wissenschaftliche Studie bestellt. Das Team schwirrte aus und führte landauf landab Interviews, nahm Lebensmittelproben, beschäftige Labore und recherchierte auch sonst, was so relevant erschien. 1975-76 lagen die Ergebnisse dieser Studie vor: Der Vegetarismus der Brahmanen war mehr Geisteshaltung als Ernährungsgewohnheit. In den Worten von Herbert Grönemeyer lautet die Frage: Wann ist ein Tier ein Tier?

Tatsächlich enthielt das Gemüse zuhause in Indien jede Menge nahrhafter Insekteneier und Larven, welche den kompletten Vitamin-B12-Bedarf, die Achillesferse einer strikt fleischlosen Ernährung, abdeckten. Das Problem in der neuen Heimat bestand darin, dass dieselben pflanzlichen Lebensmittel, welche nun in Supermärkten gekauft wurden, andere Produktions-, Reinigungs- und Verpackungsprozesse durchlaufen hatten. Die kleinen tierischen Begleiter waren darin nicht mehr oder nur noch in deutlich reduziertem Umfang vorhanden. Ähnliche Verhältnisse wie in Indien begünstigen den Vegetarismus wohl noch heute in Entwicklungs- und Schwellenländern. Auch hier bei uns haben im 18. und 19. Jahrhundert die Anhänger dieser Bewegung profitiert. Edeka, Rewe, Aldi, Alnatura & Co. haben inzwischen natürlich eine neue Zeitrechnung eingeläutet. Heutzutage erfolgt die Synthese von Vitamin-B12, auch Cobalamin genannt, mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen. Das Vitamin ist ein weit verbreitetes Nahrungsergänzungsmittel und wird Fitnessgetränken, Cornflakes sowie Säuglingsnahrung zugesetzt. Zudem beruhigt es zu wissen, dass schon zwei Liter Bier, ein Sechserträger also, für den Tagesbedarf ausreichen. Trotz all dieser erfreulichen Lösungen wirft der Vorgang ein anderes Licht auf die lange Tradition vegetarischer Ernährung. Emotionslos betrachtet geht es auch beim Veganismus nicht um eine rein pflanzliche Ernährung, sondern eher darum, Organismen zu essen, die möglichst klein sind. Dies ist ressourcenschonend, umweltfreundlich und hilft im Idealfall, ideologisch geprägte Diskussionen zu vermeiden. Aber gut.

Menschen, die auch Fleisch essen, inspiriert am Vegetarismus ohnehin etwas anderes: Die Entscheidung, konsequent auf kleinerem Fuß zu leben; in Bezug auf Fleisch sogar in völliger Askese. Es gibt einen Film, der dieses Motiv aufgreift, Downsizing, mit Matt Damon und einem unvergleichlichen Christoph Waltz. Der Film ist leider nicht besonders gut, aber er regt zum Nachdenken an. Leute unterziehen sich dort einem unappetitlichen Prozess der physikalischen Verkleinerung, um die Welt mit ihrem geringeren Ressourcenverbrauch zu entlasten. Obwohl Vegetarier darin keine Rolle spielen, erinnert die Grundhaltung sehr an ihre Bewegung. Der Film drückt etwas Heroisches aus, das auch in jedem Veganer und Vegetarier steckt. Zudem ist dessen Kernbotschaft - Aus Weniger Mehr machen - natürlich unabhängig von der Körpergröße richtig.

Die Ernährungswissenschaften haben Mangelerscheinungen in Folge einer fleischlosen Ernährung inzwischen ausführlich analysiert und entschärft. Auch in Verbindung mit intensivem Fitnesstraining kann auf eine weitgehend pflanzliche Ernährung gesetzt werden. Somit bleibt einer der wenigen Kritikpunkte an dieser Ernährungsform der nicht selten mit ihr einhergehende Missionierungswille: Nicht nur ich will besser sein, sondern auch Du sollst besser sein. Dieser Standpunkt wäre ja noch in Ordnung, wenn der Mensch eigentlich für eine rein pflanzliche Ernährung geschaffen wäre. Der Konsum von Fleisch also eine Fehlentwicklung, so wie der von Energydrinks. Dem ist aber mitnichten so. Hinzu kommt, dass diese Einstellung eine der schönsten und glorreichsten Traditionen der Menschheit gefährden kann, das gemeinsame Essen.

Wir hoffen im Interesse aller Beteiligten, dass solch extreme Nebenwirkungen dieser bewundernswerten Lebensweise die Ausnahme bleiben. Kommt es aber dennoch hin und wieder dazu, dann empfehlen wir einen gemeinsamen Besuch im Fitnessclub. Dort geht es nicht darum, wie die Kilos auf die Rippen kommen, sondern wie man sie wieder los wird. 


Samstag, 1. Juni 2024

Leads – Smoke on The Water

Fitnessclubs leben von Menschen, die sich für Fitness interessieren. Bei uns heißen sie Leads. Von besonderem Interesse sind dabei natürliche Personen, die derzeit kein anlagengebundenes Training betreiben. Die Branche nimmt an, dass es zwei grundsätzlich verschiedene Kategorien von Leads gibt, aktive und passive. Aktiv bedeutet, dass der Betreiber einen gezielten Versuch der Kontaktaufnahme unternommen hat, beispielsweise über ein Preisausschreiben, in dessen Folge Namen und Telefonnummern eingesammelt wurden. Passiv hingegen bedeutet, dass die entsprechenden Personen von selbst, also ohne eine direkte Beteiligung des Betreibers, den Kontakt zum Club aufgenommen haben.

Betreiber sind in der Regel sehr stolz auf aktive Leads, nicht nur weil aktiv ein schöneres Wort ist als passiv, sondern vor allem weil diese Leads einen vertrieblichen Erfolg suggerieren. Wir haben etwas gemacht und, schau her, da sind die Ergebnisse. Auch wir mögen aktive Leads, aber nicht mehr so sehr wie früher, denn es gibt mit ihnen gleich mehrere Probleme.

Erstens. Vielen aktiven Leads liegt ein Verstoß gegen die DSGVO zugrunde. Sie erinnern sich, Datenschutzgrundverordnung, eines dieser Gesetze, die gut gemeint waren, aber absolut gar nichts gebracht haben, außer nervigen Bannern vor jeder Internetseite, die man erst mal wegklicken muss. Der Verstoß ist dadurch begründet, dass es beim physikalischen Sammeln von Leads häufig nicht möglich ist, eine seitenlange Datenschutzerklärung unterschreiben zu lassen.

Zweitens. Viele aktive Leads sind völlig wertlos, besonders dann wenn sie von nicht-geschultem Personal gesammelt oder über eine 0815-SEO-Kampagne aus den sozialen Medien generiert wurden. Die Abschlussquoten dieser Leadquellen sind äußerst gering, ein Prozent manchmal. Da die Gewinnung aktiver Leads meist erhebliche Ausgaben verursacht, sind die Kosten eines erfolgreichen Abschlusses astronomisch.

Drittens. Passiv klingt zwar nicht sonderlich gut, doch sind passive Leads natürlich die wertvollsten, die es gibt. Denn das Mitglied hat sich selbstständig die Mühe gemacht, Sie zu kontaktieren. Dafür liegt meist ein Grund vor, der mit einem Trainingswunsch in Ihrem Club verbunden ist. Die Abschlussquote passiver Leads ist daher sehr hoch, nicht selten über vierzig Prozent. 

Viertens. Die Einordnung in die Kategorien Aktiv und Passiv ist oft fehlerhaft. Sie basiert in vielen Fällen auf einem Versäumnis Ihres Teams. Passive Leads sind nämlich nicht nur solche, welche ohne Ihr direktes Zutun entstanden sind, sondern auch diejenigen, bei denen Ihre Mitarbeiter versäumt haben, die Frage nach dem Anlass der Kontaktaufnahme zu stellen. Haben Sie in der vergangenen Woche Flyer in die Briefkästen eines Wohnblocks gesteckt und kommt danach einer der Bewohner zu Ihnen, dann ist dieser Lead höchstwahrscheinlich aktiv, denn Sie haben ja etwas dafür getan. In Ihrem System bekommt dieser Lead dennoch meist den Stempel passiv.

Professionelle Illusionisten wissen: The closer you look, the less you see. So verhält es sich auch mit Leads. Eine wichtige Leadquelle sind Empfehlungen durch Freunde. Zufriedene Mitglieder sprechen gut über Sie und möchten vielleicht gemeinsam mit Bekannten bei Ihnen trainieren. Auch Google- und Facebook-Bewertungen, zumindest die von echten Menschen, basieren in der Regel auf der Zufriedenheit Ihrer Mitglieder. Verfügen Sie über motiviertes und gut geschultes Personal, achten Sie in Ihrem Club auf Hygiene und funktionierende Technik, besitzen Sie einen perfekten Mitgliederservice? Falls ja, dann bekommen Sie auch viele Empfehlungen von zufriedenen Mitgliedern. Falls das jedoch nicht der Fall ist, weil Sie das Geld für diese Dinge sparen wollen, dann bekommen Sie nur Wenige. Zufriedene Mitglieder sind kein Zufall und sie kosten jede Menge Geld. Geld, welches Sie bereit sein müssen, auszugeben. Ihre Entscheidung für diese Kosten wird bewusst getroffen. Und doch werden deren Ergebnisse, Leads durch Empfehlungen, meist als passiv kategorisiert.  

Daher ist eine der zentralen Steuerungsgrößen der Fitnessbranche, die Aktivquote, der als aktiv eingestufte Anteil der Leads, kaum relevant für Ihren vertrieblichen Erfolg. Denn die aktiven Leads Ihres Clubs, so schön sie auch aussehen mögen, bestehen, wie das Wasser unter den Schaufelrädern eines alten Mississippi-Flussdampfers, vor allem aus Schaum und Luftblasen.





Mittwoch, 1. Mai 2024

Ausgehen – In München steht ein Hofbräuhaus

Wie sich die Anzahl der Fitnessclubs in Deutschland entwickelt hat, ist sowohl erfreulich als auch leicht herauszufinden. 1.000 waren es vor 40 Jahren, im Vergleich zu 9.500 heute. Ganz anders ist das bei Kneipen. Denn, erstens, gibt es Kneipen in der Sprache der Statistik nicht und, zweitens, sind die Daten niederschmetternd. Denn diesem Sehnsuchtsort, der von Statistikern Schankwirtschaft oder getränkegeprägte Gastronomie genannt wird, geht es nicht gut. Noch 1994 gab es 73.000 Stück davon, nur 19.000 sind heute noch übrig. Das ist ein harter Schlag für sozialaktive Menschen, doch es gibt gute Neuigkeiten. 

Die Reihe der vermeintlichen Schuldigen für das Kneipensterben in den vergangenen 40 Jahren ist lang. Privatfernsehen, Videotheken oder Streamingdienste werden oft genannt, aber auch Lieferdienste für Essen und Getränke. Natürlich haben all diese Kandidaten einen Beitrag zum Niedergang der Kneipe geleistet, doch hauptschuldig ist wohl keiner von ihnen. Weil Kneipen bereits seit Gründung der Bundesrepublik verschwinden. Und auch, weil es einige der Beschuldigten faktisch nicht mehr gibt, klassisches Fernsehen und Videotheken beispielsweise. Doch deren Niedergang hat unseren Kneipen in keiner Weise geholfen. Marc Zuckerberg, der 2004 anfing, geklaute Fotos auf Facemash zu posten, hat diesen Trend wohl deutlich stärker beeinflusst. Etwa viereinhalb Stunden am Tag starren Menschen derzeit auf ihr Smartphone, hat die Marktforschungsfirma Data.ai erhoben, die Hälfte davon auf Angebote Sozialer Medien. Bisher jedenfalls, denn es sind Facebook & Co, die nun Grund zur Hoffnung geben.

Eine immer geringere Zahl von Menschen hält Soziale Netzwerke für geeignet, einem breiten Publikum ihre politischen Ansichten, Details zu ihrem Tagesablauf oder andere Trivia näherzubringen. Auch als Lieferanten von Schlagzeilen haben Soziale Medien ausgedient. Die öffentlichen Profile der Nutzer werden zunehmend mit platter Unterhaltung und Werbevideos geflutet. Folgt also auf den Nahtod der Kneipe nun das Sterben der Sozialen Netzwerke?

Wohl nicht. Doch der Trend, so schreibt der Economist kürzlich, geht hin zu privaten Chat-Gruppen bei Instagram, LinkedIn, WhatsApp, X oder TikTok. Eigentümer dieser neueren Apps sind meist dieselben Firmen, welche in den letzten Jahrzehnten Soziale Netzwerke entwickelt und betrieben haben. Der entscheidende Unterschied liegt also nicht beim Programmierer der Chat-Gruppen, sondern in deren Größe. Denn die sind so klein, dass ihre Teilnehmer leicht an einen Kneipentisch oder in einen Yoga-Kurs passen. Werden sich die Mitglieder dieser Gruppen zukünftig häufiger in der realen Welt treffen? Das ist anzunehmen, denn natürlich ist es einfacher, acht oder zehn Leute aus einem Chat zu mobilisieren als tausende Follower bei Instagram oder hunderte von Facebook-Freunden. 

Wir wissen nicht, ob Kneipen merklich von der steigenden Popularität der Chat-Gruppe profitieren werden. Als Fans gepflegter Rückzugsorte hoffen wir das. Doch wir wünschen uns auch, dass eine größere Zahl dieser zukünftigen Treffen bei uns im Fitnessclub stattfinden wird. Um so das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Selbstverständlich hilft Sport am Abend auch den gebeutelten Kollegen aus der Gastronomie, was uns zusätzlich freut und motiviert.


Montag, 1. April 2024

Clubdesign – Das Leben ist eine Baustelle

Jeder kennt diese Szene. Der Eigentümer war als junger Mensch in Griechenland und hat sich verliebt. Das Essen, die Leute, blauer Himmel, gekalkte Hütten. Mama Mia eben. Später, gemeinsam mit seiner Frau, geht er einkaufen. Aber nicht alles passt ins Reisegepäck. Also kommt das Zeugs irgendwann als Lieferung nach Deutschland. Palettenweise Bilder, Amphoren, Statuen, Schnitzereien, Flaggen, Fischernetze, Korkschwimmer, getrocknete Seesterne und Muscheln. Zum Glück sind es meist Restaurants, die dieses Schicksal ereilt, wo es Ouzo gibt. Aber auch Cafés, Friseure, Spielhallen und Saunen trifft es manchmal, und dort ist es deutlich schwieriger zu ertragen. Der englische Begriff, theme location, klingt besser, kann das Problem aber nicht lösen.

Auch in der Fitness gibt es solchen Themen. Einige Clubs sehen aus wie ein Edelfriseur oder wie diese Designerläden am Flughafen. Glatte Oberflächen, indirekt beleuchtet, perfekt durchgestylt, bitte nicht anfassen. Es gibt zudem Öko, Asia, Belle Époque, Flower Power, Popart, Opas Turnhalle, Rugged, Gothic, Mad Max, Graffiti, Street Style, Riffelblech und Schwarz. Mit Letzterem ist gemeint: schwarzer Boden, schwarze Wände, schwarze Decke, schwarze Möbel, schwarze Computer, schwarze Trainingsgeräte, schwarze Arbeitskleidung. Es ist so schwarz, dass Sie ein Kleinkraftwerk im Keller betreiben können, ohne bei voller Beleuchtung Ihre Schuhe sehen zu können. Dann gibt es noch RAL-Farben und natürlich bunte Mischungen aus alledem. 

Man bekommt Kopfschmerzen, wenn man nur anfängt, über dieses Thema nachzudenken. Bei uns dominieren RAL Farben. Nicht weil wir die mögen. Der Kollege meint, muss man nachstreichen können. Die Wahrheit ist, dass uns einfach noch nichts Besseres eingefallen ist. Also halten wir es mit dem Architekten, dessen letzte Worte auf dem Sterbebett bekanntlich lauteten: Da müssen wir noch was ändern.


Freitag, 1. März 2024

Maschinen – A River Runs Through It

Professionelle Fitnessgeräte, in der Branche auch Maschinen genannt, prägen den ersten Eindruck beim Betreten eines jeden Fitnessclubs. Große und gut sortierte Clubs haben rund 180 Stück davon. Nicht wenige Menschen glauben, dass diese Maschinen die Köder sind, welche Betreiber auswerfen, um Fitnessinteressierte an die Angel zu bekommen. Für das bisschen Sport benötigt man ja wohl nicht solche Mengen von Metall? Doch diese Infrastruktur, die Trainingseinsteiger zunächst überwältigt und verunsichert, hat einen anderen Zweck: Sie schützt Trainierende vor sich selbst.

Drei Dinge haben fast alle Maschinen in Fitnessclubs gemeinsam, sie sind tonnenschwer, ergonomisch hochentwickelt und teuer. Die ersten dieser Maschinen wurden 1850 von dem schwedischen Arzt Gustav Zander entwickelt. Alte Bilder davon anzuschauen, mit Trainierenden in Korsett, bodenlangen Kleidern, zugeknöpfter Weste und gebundener Fliege, ist lustig. Ein kommerzieller Erfolg waren diese Maschinen zunächst nicht, weil sie als Heimtrainer für das gehobene Bürgertum vermarktet wurden. Damals wie heute sind Fitnessmaschinen hierfür jedoch zu klobig und teuer.

Tatsächlich hatte der gesamte Markt für Heimtrainer einen schweren Start. Ein frühes Gerät dieser Kategorie wurde bereits 1889 von einem Amerikaner aus St. Louis patentiert, der A. A. Whitely Exercising Apparatus. Dieser fand jedoch erst ab 2005 in vereinfachter Form unter der Marke TRX seine wohlverdiente Verbreitung. Dieses günstige und vielseitige Gerät kann prinzipiell ein Dutzend schwere Fitnessmaschinen ersetzen. Doch es birgt für Fitnessenthusiasten leider auch einige Risiken, denn es erfordert Trainingserfahrung und Körperkontrolle. Die Verletzungsgefahr bei der Nutzung von Heimtrainern ist einer der wesentlichen Gründe, aus denen Fitnessclubs jedes Jahr Millionen von Euro für professionelle Maschinen ausgeben. Diese ermöglichen ein abwechslungsreiches und herausforderndes Training mit minimalem Risiko der Verletzung. Fitnessclubs sind deshalb aus sportmedizinischer Sicht der Gegenpol zu Bolzplatz und Skipiste.

Funktional spielt es kaum eine Rolle, welche Marken Sie für die Einrichtung Ihres Fitnessclubs verwenden. Die Geräte der bekannten Hersteller sind durchweg hochwertig und empfehlenswert. Sie müssen sich selbstverständlich entscheiden, ob Sie einen einzigen Hersteller nutzen oder auf Spezialisten wie Hammer, Wolff, Swinn oder Milon setzen möchten, welche nur Teilbereiche bestücken können. Spezialisten sind tendenziell innovativer und können für einige Jahre das beste Geräte in einer bestimmten Kategorie anbieten. Doch dieser Wettbewerbsvorteil nivelliert sich rasch, weil die Gerätehersteller zum Nutzen aller Anwender natürlich kopieren, was das Zeug hält. Ein großer Nachteil von Spezialisten ist die Wartung. Hier haben große Anbieter die Nase vorn, denn sie besitzen etablierte und eng geknüpfte Servicenetze. Es verärgert Ihre Mitglieder zu Recht, wenn beliebte Geräte über längere Zeit defekt sind, weil ein Ersatzteil nicht verfügbar oder der Techniker erst wieder nächste Woche in der Gegend ist. 

Alle Geräte unterliegen einem nutzungsbedingten Alterungsprozess, der von der Anzahl der Trainierenden und Sorgfalt ihrer Pflege abhängt. Geräte für das Ausdauertraining haben in gut laufenden Anlagen eine sinnvolle Nutzungsdauer von 8-12 Jahren, bei Kraftgeräten liegt diese zwischen 10 und 15 Jahren. Der Maschinenpark eines größeren Clubs kostet bei Neuanschaffung zwischen 500.000 und 700.000 Euro. Zwei Jahre Garantie sind üblich, drei verhandelbar. Es kann sinnvoll sein, nicht alle Geräte, die Ihr Club bei Vollauslastung benötigt, bereits zur Eröffnung anzuschaffen. Manche Betreiber bevorzugen es, die Anzahl ihrer Maschinen parallel zur Anzahl der Nutzer wachsen zu lassen. Dagegen spricht, der erhöhte organisatorische Aufwand, welcher mit einer zeitlich gestaffelten Anschaffung, kleinteiligem Transport und der laufenden Auf- und Umstellung von Geräten verbunden ist. Dafür spricht, dass Ersatzinvestitionen später nicht in großen Wellen auf Sie zurollen, sondern sich in einen stetig fließenden Bach verwandeln. Nicht zu unterschätzen ist zudem die positive Stimmung, welche sich bei Mitgliedern und Mitarbeitern einstellt, wenn Sie die örtlichen Trainingsmöglichkeiten in Abstimmung mit den Beteiligten laufend verbessern.

Vermutlich sollten bei dieser Entscheidung weder finanzielle noch technische Aspekte im Vordergrund stehen. Dies gilt im Angelsport selbstverständlich auch. Unabhängig von der dort investierten Zeit und den Anschaffungskosten Ihrer Ausrüstung kann es passieren, dass Sie samstagfrüh unrasiert und müde beim Fischladen vorbei müssen, um mit der Familie abends feiern zu können. Auch in der Fitness spielt die Hardware keine große Rolle für Ihren Erfolg. Der beste Fitnessclub in Ihrer Stadt ist vermutlich nicht derjenige, welcher die breiteste Ausstattung besitzt. Ebenso wenig haben Robert Redford und Brad Pitt 1992 beim Fliegenfischen im Blackfoot River auf überlegene Technik gesetzt. Sie hatten verstanden, dass es gewöhnlich menschliche Kreativität ist, die aus einem Handwerk eine Kunst macht.



Donnerstag, 1. Februar 2024

Krankenkassen – Tainted Love

Wale leben von Plankton und anderen kleinen Meeresbewohnern. Die meisten davon kommen nicht mehr heil aus dem Walbauch heraus. 2.200 Tonnen Zooplankton zieht ein durchschnittlicher Grönlandwal jährlich durch seinen Verdauungstrakt. Die Stückzahl hat bei 0,2 Milligramm aschefreiem Trockengewicht pro Plankton jede Menge Nullen. Kann so in der Form kaum einer ausrechnen, auch weil der Wasseranteil nur näherungsweise zu bestimmen ist. Hängt halt mit am Salzgehalt und Gasanteil der Tiefenschicht, in der die Jungs eingesaugt werden. Aber Schwamm drüber. Analog hierzu sind Kontakte zu Fitnessinteressierten die Lebensgrundlage eines Sportclubs. Doch diese Menschen kommen völlig freiwillig durch die Tür und sind, wenn sie den Club nach einigen Jahren wieder verlassen, in deutlich besserem Zustand als vorher. Der Fitnessclub ist also ohne jeden Zweifel ein sinnvollerer Aufenthaltsort als ein Walbauch. Selbst wenn Sie Jona oder Pinocchio heißen, die es wieder raus geschafft haben. 

Doch solche Argumente überzeugen nur Wenige. Das sieht man an der geringen Beteiligung am anlagengebundenen Sport. Nur etwa 10,3 Millionen Personen waren bei uns Ende 2022 in einem Fitnessclub angemeldet, schätzt der zuständige Verband. Mit Blick auf die Alterung der Bevölkerung und unser fragiles Rentensystem ist das besorgniserregend. Auch Herz-Kreislauf-Störungen, Fettleibigkeit, Thrombose und Diabetes verbreiten sich aus diesem Grund rascher als nötig. Paradoxerweise ist seit 2019 unsere sporttreibende Bevölkerung um rund 1,4 Millionen Personen geschrumpft. Mit großem medialem Aufwand wurde den Menschen zwischenzeitlich empfohlen, nichts zu tun. Herumzusitzen, fernzusehen, nicht auf die Straße zu gehen. Das Arbeiten wurde verboten. Fitnessanlagen und Vereine geschlossen. Golfplätze sogar und Schachclubs. Man sollte nicht mit dem Boot fahren. Stand-Up-Paddling, zu riskant. Ja, geht’s noch? All das, obwohl ein aktiver Körper mit infektiösen Angreifern natürlich besser zurechtkommt als ein inaktiver. Kam dann später eine Kampagne zur Sportförderung? Endlich, jetzt aber ran an den Speck! Eher nicht. Haben wir zumindest nicht mitbekommen.

Dann sind da noch die Krankenkassen, welche manchmal auch Gesundheitskassen heißen. Leider haben nur wenige von denen verstanden, dass es in ihrem eigenen und dem Interesse ihrer Mitglieder liegt, die Ausübung von Sport zu fördern. Einige Betriebskrankenkassen tun dies, gewähren einen jährlichen Rabatt von 200 Euro oder mehr, solang Versicherte nachweislich trainieren. Datenschutz hin oder her, an der Theke stempeln wir in dem Fall so Zettel ab wie in den 70ern eine Trimmspirale vom Deutschen Sportbund. Macht Spaß. Doch für die meisten Kassen müssen Sie bewegungsunfähig sein, um einen Zuschuss zu Ihren Sportausgaben zu bekommen. Als ob es dann noch viel bringen würde. All das ist schade und völlig unnötig, wie uns die Schweizer zeigen. Die sind seit Jahren erfolgreich mit Sportförderung durch Krankenkassen. Aber natürlich haben die Berge. Da ist es klar, dass man ganz ohne Sport nicht weit kommt. Wir fördern jetzt Elektroautos, wohl um denselben Punkt zu machen. Die kommen ja auch nur bis zur nächsten Ecke. Ist einen Versuch wert.

Bei jungen Leuten spielen unsere Kassen Mäuschen. Bloß nicht melden, sonst kommen die noch auf Ideen, Geschlechtsumwandlung auf Rezept und so. Alte werden gern mit Medikamenten ruhiggestellt. Über den Zusammenhang zwischen Bewegung und Bluthochdruck, Schwindel, Rückenschmerzen oder Spaß an der Entwicklung des eigenen Körpers und Selbstwertgefühl schweigen die sich aus. Termin in der Praxis wieder Mitte nächsten Jahres. Sinnvolle Anreize sucht man in ihren Broschüren vergeblich. Kommt von denen mal ein Brief, dann geht es um Tariferhöhungen. Für ein sportlich aktives Leben nehmen die Kassen bei uns also dieselbe Position ein, wie bei Kafka der Wachmann am Tor zum Gesetz: Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Ein großer Sportler war Kafka natürlich auch nicht, aber er konnte wenigstens schreiben.

Wir bleiben derweil hoffnungsfroh und warten geduldig darauf, dass die Leute bei den Öffentlich-Rechtlichen, Kassen oder Ämtern irgendwann aufwachen und einen Heureka-Moment haben: Sport, das ist es!


Montag, 1. Januar 2024

Fitnessmagazine – Und täglich grüßt das Murmeltier

Wir schwören: Nie haben wir irgendwo geklickt, unsere Adresse eingetragen oder leichtsinnig eine Visitenkarte rausgegeben, die dies hätte auslösen können. Fitnessmagazine. Kommen jeden Monat, mehrere, können Sie die Uhr nach stellen. Die Titel brauchen Sie gar nicht anzusehen. Sind alle, nett gesagt, sehr ähnlich. Marke, Monat, Jahr, egal. Als könnten Sie durch die Pappe schauen. Inhalt bekannt, noch bevor Sie vom Briefkasten zurück in der Wohnung sind. 

Zunächst mal die Form der Auslieferung. Alle reden über Digitalisierung, aber die Dinger kommen physikalisch. Würden die per Email geliefert, ein fettes PDF oder so eine Webseite, wo man durchblättert, klar, dann könnte man Junk-Mail einstellen und aus die Maus. Aber nein, die kommen gedruckt. Wir haben hier fünf Briefträger, in einem guten Monat. Kommen zum Teil, wenn man noch schläft. Denen können Sie nicht einzeln erklären, dass sie die Teile nicht einwerfen, sondern wieder mitnehmen sollen. Würde sowieso keine Begeisterungsstürme auslösen. Gerade diese Dinger gehen ja aufs Kreuz. Ist also keine realistische Option.

Dann das Material. Woraus sind die eigentlich? Plastikfolie, klar, kommt in den Wertstoffeimer, obwohl kein Logo vom Grünen Punkt drauf ist. Das fühlt sich einfach richtig an. Produktproben, eingesteckte Flyer und so, wohl Restmüll. Schon mal nicht optimal. Dann der Schinken selbst. Hochglanz. Fühlt sich das wie Papier an? Nicht wirklich. Also die FAZ, ist schon Jahre her, das war irgendwie anders. Bei der war klar, Papiertonne. Aber diese Teile, vielleicht Wertstoff? Auf der gelben Tonne steht fett Verpackung drauf. Ist so ein Magazin eine Verpackung und, falls ja, für was?

Also nicht falsch verstehen. Die Leute, die da fotografiert, interviewt, nach Ihrer Meinung oder einem Kurzkommentar gefragt werden, die Testimonials abliefern oder einfach nicht bei drei auf dem Baum waren, das sind durchweg nette und kontaktfreudige Typen. Frauen, Männer, Queer, Divers, keine Angabe. Mit denen können Sie rüber zum Griechen, Vorspeisen und Ouzo bestellen. Das wird nett, versprochen. Man rätselt nur, warum diese Geschichte mit den Magazinen?

Muskeln, so im Sinne von Arnold Schwarzenegger 1970 Venice Beach, da redet heute keiner mehr drüber. Will im Grunde auch keiner mehr haben. Aber Magazine, das ist doch auch Old School. Wieso haben die sich nicht überlebt? Vielleicht ist die Fitnessbranche in einer Art Midlife Crisis. Also Muskel nicht, aber ein Magazin zum anfassen? Keine Ahnung. Wir setzen auf die junge Generation. Die müssten damit doch eigentlich auch grad mal gar nichts anfangen können, wegen der Handys. Hoffentlich gehen einige von denen in die Verlagsbranche und machen diesem Irrsinn den Garaus. Wir jedenfalls haben es nicht geschafft.


Veganismus – Back to The Roots

Wir haben großen Respekt vor Menschen, die auf den Konsum von Fleisch verzichten, ob sie sich jetzt vegan, lacto, ovo oder lacto-ovo vegetar...