Sportliche Aktivität und Trinken gehören zusammen. Obwohl sich die mediale Aufmerksamkeit auf Energydrinks und Mineralgetränke richtet, ist Wasser heute das am weitesten verbreitete Fitnessgetränk. Doch das war nicht immer so. Denn in der Geschichte war das Fitnessgetränk Nummer eins Bier. Die älteste Brauerei industriellen Maßstabs wurde in Abydos, Ägypten, gefunden. Vor rund 5.000 Jahren wurden dort 22.400 Liter pro Zyklus hergestellt. Doch nicht nur im warmen Süden wurde Gerstenkaltschale für die Unterstützung körperlich anspruchsvoller Tätigkeiten genutzt. Ein Beispiel aus unseren Breiten sind die Floßknechte am Rhein, welche auf Basis einer Sechstagewoche 1.565 Liter Bier erhielten, pro Nase und Jahr. Warum?
Holz war das Öl des Mittelalters. Es wurde als Baustoff und Energielieferant überall benötigt. Besonders an den Küsten, wo der Schiffbau stattfand, stellte sich rasch großflächige Entwaldung ein. Dies erforderte den Transport großer Mengen Holz aus dem Landesinneren dorthin, über die Flüsse versteht sich. Die logistische Herausforderung ergab sich hierzulande neben Sandbänken, Quarzitriffen und Stromschnellen auch aus der Kleinstaaterei. An jeder Flussbiegung lungerten bis an die Zähne bewaffnete Zöllner herum, die ihren Tribut forderten. Ein Transporthemmnis dieser Art war der Mäuseturm in Bingen. An Mittel- und Niederrhein brachte dies eine Floßindustrie mit Fahrzeugen von oft 200, in der Spitze sogar 400 Metern Länge hervor. Ein moderner Flugzeugträger der Nimitz-Klasse bringt es im Vergleich nur auf 333 Meter. Diese gigantischen Flösse sollten Zölle und Wartezeiten reduzieren, wohl auch weil die Besatzung von 400 Mann die Truppenstärke so mancher Raubritterburg deutlich überstieg. Die Navigation dieser monströsen Wasserfahrzeuge oblag den Floßknechten, welche einen anstrengenden und äußerst gefährlichen Job hatten. Sie waren die Spitzensportler der damaligen Transportbranche. Jedem von ihnen stand ein Kontingent von 5 Litern Bier pro Tag zu. Auch aus heutiger Sicht ein solider Wert.
In modernen Fitnessclubs sucht man Bier vergeblich, obwohl das Training dort auch anstrengend ist. Dies ist der stabilen Versorgung mit sauberem Trinkwasser geschuldet. Denn so schwer Bierliebhabern das Eingeständnis auch fällt, Bier war damals kein Erfrischungsgetränk zur Unterstützung sozialer Interaktion. Es war schlicht der billigste Weg, Wasser lagerfähig und trinkbar zu halten. Auch war der Alkoholgehalt von 0,7 bis 1,5% so niedrig, dass Herbert Grönemeyers Welthit, Alkohol, wohl nicht entstanden wäre. Der Liedtext jedenfalls wäre für Floßknechte dieser Tage völlig unverständlich gewesen.
Ob Floßknechte Energydrinks oder moderne Mineralgetränke bevorzugt hätten, bleibt eine offene Frage, weil es dieses Transportgeschäft so nicht mehr gibt. Obwohl EU und EZB es sicher großzügig finanzieren würden. Das Verbrennen von Holz ist für Eurokraten ja eine zukunftsweisende Technologie, seit man es Verwertung von Biomasse nennt. Doch die 1.565 Liter Bier pro Floßknecht wären heute als geldwerter Vorteil zu versteuern, und es gäbe wegen Alkohol am Arbeitsplatz jede Menge Ärger mit der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese Tradition der Getränkeversorgung sportlich aktiver Menschen wird also voraussichtlich nicht wiederbelebt, weder am Rhein, noch im Fitnessclub, noch sonst irgendwo.