Ein Mitglied hört auf zu zahlen, meldet sich einfach nicht mehr. Der Vertrag läuft weiter, offene Posten türmen sich auf. Eine häufige Reaktion: Forderung verkaufen und vergessen. So kann man es machen. Doch es geht auch anders. Häufig liegen die Gründe für das Inkasso nämlich nicht beim Mitglied, sondern in Ihrer eigenen Organisation. Mitglieder, die nicht mehr zahlen, können pleite sein, häufig sind sie aber einfach nur genervt. Genervt von Ihnen.
Es gibt mindestens zwei interessante Zahlen zum Thema Inkasso. Erstens, die Inkassoquote, also der Anteil der betroffenen Forderungen am Gesamtumsatz. Zweitens, die Rekuperationsquote, also der Anteil der betroffenen Forderungen, den Sie am Ende des Inkassoprozesses doch noch aufs Konto bekommen. Befindet sich die Inkassoquote Ihrer Anlagen in einer engen Bandbreite, dann ist alles klar, egal wie hoch das Niveau ist. Die Quote kann beispielsweise 2% betragen oder 20%. Sie ist Ihrem Geschäftsmodell geschuldet und über dieses haben Sie vor langer Zeit entschieden. Gibt es jedoch erhebliche Differenzen zwischen den Anlagen, beispielsweise im Schnitt 2,5%, jedoch in einer Anlage 9,5%, dann haben Sie ein größeres Thema. Bei einer solchen Abweichung steht es um die betroffene Anlage offensichtlich nicht gut. Entweder gibt es ein Personalproblem oder es gibt ein Standortproblem. Es kann natürlich auch beides geben.
Ein Personalproblem kann nur entstehen, wenn Sie eine schlecht organisierte Mitgliederverwaltung und zu wenig Aufsicht in den Anlagen haben. Hand aufs Herz, wir hatten früher beides. Diese Fehler können rasch hunderttausende Euro kosten und verdienen daher Ihre Aufmerksamkeit. Faktisch tolerieren Sie Betrug. Dennoch ist das Personalproblem das schönere der beiden, denn Sie können es managen. Das Standortproblem, der zweite Grund für eine überdurchschnittliche Inkassoquote, lässt sich häufig nicht managen. Natürlich ist es möglich, dass Sie sich aufgrund Ihres Verkaufsmodells die zahlungsunwilligsten Personen im Umfeld Ihrer Anlage herausfischen. Falls es dort noch genug andere Personen gibt, können Sie die Anlage vielleicht retten. Häufiger wird es jedoch so sein, dass Sie einen Standort ausgewählt haben, dessen Umfeld grundsätzlich über eine schwache Zahlungsmoral verfügt. Jetzt rächt sich, dass sie bei der Standortauswahl keinen Crefo-Consumer-Score gezogen oder mit Ihrem Inkassodienstleister gesprochen haben. Falls Sie entdecken, dass Sie ein Standortproblem haben und gleichzeitig hohe Verluste schreiben, dann kramen Sie die Telefonnummer des Vermieters raus, und tun Sie, was getan werden muss.
Der zweite spannende Wert ist die Rekuperationsquote, also der Anteil der Forderungen, der zwar zahlungsgestört, aber einbringlich ist. Wenn die Inkassoquote und die Rekuperationsquote beide hoch sind, dann haben Sie ein richtig schlechtes Mahn- und Inkassowesen. Sie werfen Geld mit vollen Händen aus dem Fenster. Ein schönes Problem, weil es leicht zu lösen ist. Schwieriger ist es, wenn die Inkassoquote hoch und die Rekuperationsquote niedrig ist. In diesem Fall haben Sie meist ein Standortproblem, mit den oben geschilderten Konsequenzen.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, Inkassoforderungen nicht zu verkaufen, sondern einen Dienstleister mit der Lokalisierung des Schuldners und dem Einzug der Forderung zu beauftragen. Sie machen es sich auf der Rückbank bequem, fahren aber weiterhin mit. Falls Sie dennoch auf den Verkauf setzen, dann stellen Sie sicher, dass Sie dem Inkassounternehmen immer alle Inkassoforderungen verkaufen. Falls Sie es dem Inkassounternehmen überlassen, welche Forderungen es ankaufen möchte, dann haben Sie von allen möglichen Kombinationen die schlechteste ausgewählt. So wie wir früher.
Erstaunlich viele Inkassofälle lassen sich durch eine gute Mitgliederverwaltung abwenden. Wichtig ist, den persönlichen Kontakt zunächst selbst zu suchen. Die Qualität Ihrer Stammdaten ist dabei von entscheidender Bedeutung. Haben Sie beim Vertragsabschluss geschlampt oder achten Sie nicht darauf, die Kontaktdaten Ihrer Mitglieder stets aktuell zu halten? Dann sind Sie selbst ein wichtiger Auslöser von Inkassoverlusten. Neben guten Stammdaten ist ein knapper Zeitplan von Bedeutung. Nach 2-3 Wochen sollte ein zahlungsgestörtes Mitglied erstmals kontaktiert werden; nach 6-8 Wochen sollten Sie den Stecker ziehen. Zuwarten macht alles nur schlimmer.
Die Arbeit mit zahlungsgestörten Kunden kann seltsamerweise Freude bereiten, und das nicht nur für Sadisten. Zahlungsstörungen sind keine Charakterfrage, sondern ein äußerst menschliches Phänomen. Hinter jedem Fall steckt eine Geschichte, und Sie sind Teil dieser Geschichte. Es kann große Freude bereiten, einen drohenden Inkassofall doch noch abzuwenden. Zudem, wenn Sie mit der Inkassovorbereitung zu tun und ein Händchen dafür haben, dann müssen Sie weder amerikanische Sitcoms ansehen noch Psychologie studieren. In wenigen Bereichen lernt man mehr über seine Mitmenschen als dort.
Ebenso viel lernen Sie bei der Beschäftigung mit dem Inkassoprozess über Ihre eigene Organisation.
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