Montag, 21. Februar 2022

Fitness – Was gibt es da zu managen?

Einen hervorragenden Wein zu produzieren ist einfach, sagt die Familie Rothschild, nur die ersten paar hundert Jahre sind schwierig. Überhebliches Gefasel, das obendrein nicht auf die Fitnessbranche anwendbar ist? Natürlich. So lange dauert es in der Fitnessbranche nicht. Es gibt schließlich keine dunklen Keller, keine geheimen Zutaten, keine mit klassischer Musik beschallten Eichenfässer. In der Fitness gibt es, zumindest in Bezug auf das Produkt, überhaupt keine Geheimnisse. Es ist genau das, was man vor sich sieht. 

Nicht in allen Fällen ist dieses Produkt die Folge einer bewussten Entscheidung und nicht immer beinhaltet der Betrieb eines Fitnessclubs echtes Management. Tatsächlich stolpern viele Betreiber von Fitnessclubs in Ihre Rolle hinein. Sie übernehmen eine Anlage, die nicht gut läuft, oder stoßen auf eine leerstehende Fläche, die Ihnen gefällt. Möglicherweise fällt Ihnen eine Verkaufsbroschüre auf den Tisch, in der eine Gruppe von Fitnessanlagen angeboten wird. Diese Zufälligkeit beim Brancheneinstieg ist weder eine Seltenheit, noch ist sie spezifisch für die Fitness. Besonders an der Fitnessbranche ist jedoch der unerschütterliche Glaube des Einsteigers, dass es kaum etwas zu managen gibt. Hinzu kommt oft die tiefsitzende Überzeugung, dass man sich aufgrund der eigenen Trainings- oder Lebenserfahrung bereits beim Einstieg bestens in der Fitness auskennt.

Der felsenfeste Glaube an die eigene Qualifikation bildet zusammen mit dem vermeintlich geringen Kapitalbedarf und gemutmaßten Traumrenditen das Bermudadreieck, in dem viele Fitnessprojekte verschwinden.

Niemand in der Fitnessbranche, sagte uns vor fast zwei Jahrzehnten ein Freund, kann den Erfolg einer neuen Fitnessanlage genauer vorhersagen als jemand, der eine Münze wirft. Es liegt in der Natur des fitnessbegeisterten Brancheneinsteigers, diese Aussage für groben Unfug zu halten. Doch zahlreiche Anlagen und viele verbrannte Millionen später kommen wir zu demselben Schluss. Die Eröffnung einer neuen Fitnessanlage ist ein höchst riskantes Unterfangen. Das Risiko besteht zum einen darin, dass sich Anlagen zu Geldfressern entwickeln können. Andererseits können Anlagen auch zu Zeitfressern werden. Es ist nicht ganz klar, was schlimmer ist. Geldfresser schließt man möglichst nach 12 bis 24 Monaten. Bei Zeitfressern frickelt man jahrelang herum, ohne wirklich etwas zu erreichen. 30% der Anlagen größerer Ketten sind entweder Geld- oder Zeitfresser und größere Ketten machen in der Regel weniger Fehler als kleine.

Die finanziellen Einstiegshürden in die Fitnessbranche erscheinen auf den ersten Blick gering. Ein Freund von uns bekam einmal als Honorar für eine Beratung die Schlüssel für zwei Anlagen. Ältere Fitnessclubs wechseln nicht selten für einen symbolischen Euro den Eigentümer. Selbst, wenn man beim Estrich anfängt, alles von Grund auf neu baut und kauft, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Investitionen für eine neue Anlage durch Dritte zu finanzieren. Banken scheiden in der Regel aus, weil diese eine deutlich realistischere Sicht auf die Fitnessbranche haben als Brancheneinsteiger. Vermieter, die eine Fläche langfristig belegen möchten, sind bereit, substanzielle Beträge für den Ausbau vorzufinanzieren. Leasingfirmen bieten Rundum-Sorglos-Pakete, die neben Fitnessgeräten auch Möbel, IT und jeglichen Kleinkram umfassen können. Franchisesysteme versprechen Amateuren geölte Abläufe, die im Handumdrehen reich machen.

Man ahnt es schon. Dieser rote Teppich, der Brancheneinsteigern ausgerollt wird, kommt mit erheblichen Risiken. Mietverträge laufen zunächst einmal 10 Jahre und jeder vorfinanzierte Euro wird selbstverständlich in dieser Zeit mit Zinsen zurückverdient. Leasingverträge laufen zwar nicht ganz so lange, aber die Kosten des Leasings sind fast immer höher als erwartet. So sind Geräte, die geleast werden, regelmäßig teurer als bar bezahlte. In den Raten enthaltene Zinsen von 8-9% über Euribor sind keine Seltenheit. Zudem gibt es schwammige juristische Formulierungen in sogenannten Teilamortisationsverträgen, die faktisch dazu führen, dass der Leasinggeber recht frei über die Höhe der Schlusszahlung entscheiden kann. Franchisesysteme halten an jeder Ecke die Hand auf und quatschen einem mit Konzepten von anno Knipp die Hucke voll. Sie freuen sich, wenn ein neuer Club funktioniert, aber wirklich wichtig ist es Ihnen nicht. Verdient wird am Einkauf. Klingt abenteuerlich? Ist es. 

Bringt man nun großes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten mit guten Finanzierungsmöglichkeiten auf einem Markt zusammen, in dem die Eröffnung neuer Anlagen eine 50%ige Wahrscheinlichkeit des Scheiterns hat, dann ziehen große graue Gewitterwolken auf. Gewitterwolken sind natürlich nicht nur schlecht. Regen ist erforderlich für das Wachstum von Flora und Fauna. Diese Gewitterwolken sollten jedoch im Idealfall dazu führen, dass man zum Aufbruch in die Fitnessbranche etwas mehr als nur Selbstvertrauen und einen gestählten Körper mitnimmt.

Warum Unternehmertum in der Fitnessbranche dennoch sehr viel Spaß machen kann, dazu später mehr.


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