Niemand mag den Augenblick, in dem an der Supermarktkasse der Preis der Einkäufe genannt wird. Das macht … Autsch, gerade jetzt, mit der Inflation und so. Doch es gibt Informationen, die noch deutlich unangenehmer sind als die Zahl unten auf dem Kassenbon. Übler sogar als die unzähligen Kalorien, die jetzt auf dem Weg zu Ihnen nach Hause sind. Es ist der Energieaufwand, der erforderlich war, um Ihre Einkäufe zu produzieren und ins Regal zu stellen. Ein Wert, der in Diesel-Äquivalenten gemessen wird. Ein Wert, der die Frage, ob Sie mit dem Rad, Elektroauto oder SUV zum Einkaufen gefahren sind, irrelevant erscheinen lässt.
Wie bei einem amerikanischen Film ist an dieser Stelle eine Warnung angebracht. Möglicherweise sollten Sie nicht weiterlesen. Falls Sie ein empfindsames Gemüt haben. Falls Sie um Ihre CO2-Bilanz besorgt sind. Falls Sie meinen, grundsätzlich umweltfreundlich unterwegs zu sein, weil Sie eine Tragetasche mitgebracht haben oder zuhause Solarpaneele auf dem Dach liegen. Jetzt kommt es knallhart. Nicht nur für Sie, für uns alle.
Beginnen wir mal mit den Tomaten. Bis so ein schnuckeliges rotes Teil vor Ihnen liegt, sind etwa 14,8 ml Diesel für Produktion und Transport verbraucht worden. Das sind zwischen 0,50-0,65 Liter Diesel pro Kilogramm dieser schönen Vitamin-C-reichen Frucht. Welche zu 95% aus Wasser besteht, zudem aus ein paar Kohlehydraten und etwas Protein. Nährwerttechnisch also ein glorifiziertes Wasserglas. Auch sehr beliebt ist Brot, etwa 0,21-0,25 Liter Diesel stecken in einem Kilogramm davon. Das hätten Sie nicht gedacht, weil Sie der Meinung waren, Fleisch wäre der Übeltäter. Damit haben Sie natürlich Recht. Hühnchen schneidet mit 0,20 Liter Diesel pro Kilogramm noch vergleichsweise gut ab. Schaf-, Schweine- und Rindfleisch sind mit etwa 2,0 Liter Diesel pro Kilogramm schon deutlich energieintensiver. Die Spitzenposition nehmen jedoch Meeresfrüchte ein, so gut sie auch schmecken. Sardinen aus Wildfang benötigen 0,75 Liter Diesel pro Kilogramm Lebendgewicht, also inklusive Kopf, Flossen, Gräten und Innereien. Seebarsch aus Aquakulturen im Mittelmeer kommt auf 2,0-2,5 Liter Diesel pro Kilogramm. Seekrabben und Lobster auf bis zu 10 Liter pro Kilogramm. Dies ist der Grund für die kleinen, aber teuren Packungen.
Häufig wird konstatiert, dass Bio-Lebensmitteln, die auf kleinen Höfen in traditioneller Weise hergestellt werden, für die Umwelt eine geringere Belastung darstellen. Diese Hypothese ist jedoch umstritten, weil kleine Höfe deutlich weniger effizient sind als große. Zudem ist es aufgrund des hohen Flächenbedarfs heute gar nicht möglich, mehr als einen winzigen Bruchteil unserer Nahrungsmittel auf diese Weise zu produzieren. Biologisch erzeugte Lebensmittel können die Energieintensität unserer Nahrung daher nicht erheblich reduzieren. Sie schmecken gut und sind aus vielerlei Gründen zu empfehlen. Wer mit ihnen jedoch unsere CO2-Bilanz verbessern möchte, befindet sich auf dem Holzweg.
Wie immer gibt es gute und schlechte Nachrichten. Die Gute: Sie wissen jetzt mehr als vorher und können Ihren CO2-Abdruck durch die Menge und Art der Lebensmittel, die Sie kaufen, beeinflussen. Vielleicht werfen Sie auch weniger Essbares weg. Die Schlechte: Die genannten Werte stimmen in etwa, leider. Sie können diese in den Büchern von Vaclav Smil nachlesen, einem Wissenschaftsautoren, dessen berühmtester Fan seit Jahren Bill Gates ist. Natürlich kommt bei solcher Lektüre keine rechte Freude auf. Das Programm der Grünen strahlt da deutlich mehr Positivität und Optimismus aus. Weil es natürlich netter wäre, sich von ungespritzten Feldfrüchten zu ernähren, die man auf dem Weg nach Hause selbst einsammelt. Doch so ist es nicht.
Einen Norddeutschen davon zu überzeugen, weniger Knipp zu essen, das mag funktionieren. Schmeckt eh nicht besonders. Aber einen Bayern dazu zu bringen, auf die Haxe zu verzichten, das ist schon deutlich anspruchsvoller. Zudem beträgt der Anteil der Deutschen an der Weltbevölkerung lediglich 1,1%, Tendenz fallend. Unzählige Menschen in Afrika, China, Indien und anderen Regionen möchten und werden mehr Lebensmittel zu sich nehmen, weil sie heute viel zu wenig davon bekommen. Sie werden mehr Strom verbrauchen, in besseren Häusern leben, mehr Medikamente schlucken, sie möchten ein Auto und vielleicht ein eBike. Niemand, der unseren Lebensstandard besitzt und bei Sinnen ist, wird diesen Menschen ihr Recht auf ein besseres Leben absprechen. Das Effektivste, was Sie in dieser Situation tun können, ist, sich für die Stärkung der Frauenrechte und eine bessere Schul- und Berufsausbildung in diesen Ländern einzusetzen. Mit dem Wohlstand steigt das Bewusstsein für die Umwelt von ganz allein. Sieht man ja bei uns.
Deshalb ist das von hochdotierten Bürokraten ausgerufene Ziel der CO2-Neutralität, gelinde gesagt, schwierig. Es ist nur für eine winzige Anzahl von Menschen erreichbar, Norweger vielleicht, aber nicht für große Länder oder gar die Menschheit. Selbst falls Sie planen sollten, das Essen komplett einzustellen und sich nicht mehr zu bewegen, bringt das gar nichts. Unseren Segen hätte es auch nicht. Wir empfehlen: Morgens ein Lächeln auf dem Gesicht, essen, was Ihnen gefällt, nur einkaufen, was Sie auch wirklich zu sich nehmen, und bei uns im Club trainieren.
Wenn man schon lebt und damit zwangsläufig die Umwelt belastet, dann wenigstens mit guter Laune und gesund.
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