Es ist eine recht weit verbreitete Fehleinschätzung, dass sich die Betreiber von Fitnessclubs nicht dafür interessieren, ob ihre zahlenden Mitglieder trainieren oder nicht. Inaktive Mitglieder kündigen rasch. Häufig vergehen nur wenige Wochen zwischen dem letzten Trainingsbesuch und einer Kündigung. Dies erklärt die typische Mitgliederfluktuation von 35% pro Jahr. Mitglieder zu einem regelmäßigen Training zu animieren, ist deshalb für Betreiber äußerst sinnvoll. Auch Mitglieder profitieren ohne Zweifel von regelmäßigem Sport, der sich mit Hilfe einer Clubinfrastruktur abwechslungsreich und wetterunabhängig gestalten lässt. Mitglieder und Betreiber haben somit unterschiedliche Motive, aber weitgehend übereinstimmende Interessen. Eine Win-Win-Situation.
Fitnessclubs standen früher für klassisches Bodybuilding; daher die landläufige Bezeichnung Muckibude. Doch das hat sich in den letzten Jahrzehnten gründlich geändert. Auch in einem Fitnessclub müssen Sie heute nach lupenreinen Bodybuildern suchen. Die Suche lohnt sich, weil Bodybuilder interessante Gesprächspartner sind. Sie stellen hohe Ansprüche an Ihre Infrastruktur und legen deren Schwachstellen schonungslos offen. Als Leistungssportler verstehen sie viel von Physiognomie und Ernährung. Zudem, jeden Morgen, wenn der Wecker rappelt, wünschen Sie sich, was Bodybilder im Überfluss haben. Muskeln? Nein, Disziplin. Tatsächlich sind die Motive, einen Fitnessclub zu besuchen, heute deutlich breiter gestreut als früher. Neben das Bodybuilding sind Gewichtsreduktion, therapeutische Aspekte, ausgeglichenes Ganzkörpertraining, allgemeines Wohlbefinden und die Suche nach Gleichgesinnten getreten.
Viele Fitnessclubs sind heute also in erheblichem Umfang im Motivationsgeschäft tätig. Hierfür benötigen sie einen neuen Ansatz. Friedrich Jahn, dem Gründer der deutschen Turnbewegung, ging es um paramilitärische Ausbildung und den Sieg gegen Napoleon. Motivation durch Säbelrasseln. Sportvereine motivieren noch heute mit Gruppendruck. Wer nicht pünktlich jeden Samstag zum Training erscheint, dem fehlt es an Korpsgeist. Das war‘s dann mit dem Platz in der Mannschaft. Immerhin, früher wurde in Uniform gemobbt, heute im Trikot. Instagram-Models und Influencer propagieren ästhetische Idealbilder, die wie die sprichwörtliche Karotte zwar sichtbar, aber ohne Botox, Knochenraspel und Retusche kaum zu erreichen sind. Natürlich ist das harmloser als der nordische Gedanke von Hans Günther, einem Schamanen der Nazis, aber es bleibt irgendwie unterirdisch.
Fitnessclubs außerhalb des harten Discountsegments sollten andere Wege gehen und den Einzelnen durch kontinuierliche Trainingsfortschritte motivieren. Fortschritte wohin? Wohin auch immer. Es ist nicht die Aufgabe eines Fitnessclubs, sportliche Ziele vorzugeben oder ein Idealbild des Körpers zu propagieren. Es sollen die Wünsche und Sorgen der Mitglieder analysiert und maßgeschneiderte Lösungen erarbeitet werden. Ganz oben auf der Liste? Wie viel Zeit und Energie jemand bereit ist einzusetzen. Erfolg in der Fitness fällt, wie im echten Leben, nicht vom Himmel. Er lässt sich aber, anders als im echten Leben, durch Fleiß mit Sicherheit erreichen.
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