Dienstag, 1. November 2022

Energiepreise – Blowin' In The Wind

Der Fitnessclub erhöht die Preise, schließt die Sauna oder spart an der Heizung. Ein Skandal. Früher war alles besser. Doch auch der Betreiber ist von dem Anstieg der Energiepreise betroffen. Sorgt sich vielleicht um seine Existenz. Also reagiert er genauso wie Sie. Energie sparen, wo es möglich und am wenigsten schmerzhaft ist. Das ist pragmatisch und wird Sie beide voraussichtlich durch den Winter bringen. Doch wie geht es weiter? 

Einer der Gründe für den Anstieg der Energiepreise ist bekanntlich der russische Lieferstopp für Erdgas. Dieser Engpass wird zunächst durch die Umleitung globaler Rohstoffströme entschärft und kann ganz aufgelöst werden, wenn in Europa verfügbare Energiequellen wie Schiefergas erschlossen werden. Doch es gibt weitere Schuldige für unsere überteuerte Energie. Die Kollegen im EZB-Turm natürlich, welche den Außenwert des Euro in Rekordzeit um ein Viertel gesenkt haben, aber leider sind wir auch selbst schuld.

Deutschland deckt 78% seines Primärenergiebedarfs aus fossilen Brennstoffen, 10% aus Holz, Biomasse und Wasser, 6% aus Wind und Sonne, sowie weitere 6% aus Uran. Alle großen politischen Parteien treten seit vielen Jahren dafür ein, Deutschland von fossiler und nuklearer Energie zu befreien. Vorausschauend wurden schon voll funktionstüchtige Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke geschlossen. Die Gründe hierfür sind zweifelsohne nobel, doch die dadurch ausgelösten Folgen für unsere Versorgung sind weitreichend. Ein Ersatz für fossile und nukleare Energie existiert nämlich nicht, weder heute noch in den nächsten Jahrzehnten. Warum wohl kommen 94% unserer Energie aus Quellen, die mehrheitlich seit der Altsteinzeit bekannt sind? Darunter der letzte signifikante Neuzugang, Erdgas, im 3. Jahrhundert vor Christus.

Von den alternativen Energien können bei uns nur Solar- und Windkraft weiter ausgebaut werden. Dafür fest verbuchte Subventionen in der Periode 2000 bis 2025: 520 Mrd. Euro. Sind also keine Selbstläufer, um das mal nett zu sagen. Natürlich sind diese beiden Energiequellen wunderbar. Seit Jahrmillionen werden sie auf der Erde genutzt. Plankton, Flugsaurier und Ben Cartwright von der Bonanza-Ranch bedanken sich. Auch der Stamm der Yali aus dem Baliem-Tal in Westneuguinea kommt gut klar. Ein Industrieland wie Deutschland lässt sich damit aber nicht versorgen. Weil der Saft eben mal da und mal weg ist. Windräder sind bei uns im Schnitt 21%, Solaranlagen bloß 11% der Jahresstunden ausgelastet. Wann, das weiß keiner. Bläst der Wind und scheint die Sonne, dann erzeugen unsere Solar- und Windanlagen schon heute deutlich mehr Strom, als wir und unsere Nachbarn überhaupt gebrauchen können. Für ein paar Minuten zumindest, bis der Wind nachlässt oder eine Wolkendecke durchzieht. Dies destabilisiert das Stromnetz, in welchem Angebot und Nachfrage im Millisekunden-Bereich abgeglichen werden müssen.

Don Quichotte sah in Windmühlen Gegner, die es zu bekämpfen galt. Damit lag er falsch. Doch wir haben in den letzten zwanzig Jahren nur das Gute in ihnen gesehen. Der deutsche Tsunami an Subventionen in Energieformen, die unstetig und daher nur begrenzt sinnvoll sind, hat unserem Land die höchsten Strompreise der Welt und ein erhebliches Blackout-Risiko beschert. Die Umwelt indes hat kaum profitiert, weil im Hintergrund immer ein konventionelles Kraftwerk bollern muss. Eines das ständig rauf und runter gefahren wird und dadurch natürlich mehr verbraucht als sonst. Der Deutsche Wetterdienst hat festgestellt, dass mindestens 6-stündige Flauten bei uns praktisch jeden Tag auftreten. In zufälliger Verteilung. Selbstverständlich reicht schon eine Flaute von wenigen Minuten, um die Kollegen vom Kraftwerk ordentlich ins Schwitzen zu bringen. Strom, das wertvollste Gut nach Trinkwasser, wird bei uns also in einem System produziert, das unter Dauerstress steht. Die bittere Wahrheit ist: jeder neue Windpark verschlimmert diese Situation.

Zudem benötigen stillstehende Windräder erhebliche Mengen Energie. Die 30 Windräder des Riffgat-Parks vor Borkum, verbrennen 750 Liter Diesel an einem windstillen Tag. Für Sensoren, Kameras, Kommunikation, Pumpen, Kühler, Entfeuchter, Hydraulikbremse, Tyristor, Generator, Elektromotoren zum Drehen der Gondel, zum Anstellen der Rotoren und zum Start der Drehbewegung. Bei Frost werden die Rotorblätter elektrisch beheizt. Dasselbe passiert an Land, wo die Energie für inaktive Windräder meist aus dem konventionellen Stromnetz gezogen wird. Und das ist noch nicht alles: Eine Horde von Analysten sitzt rund um die Uhr in Alarmzentralen, um tausende von Montagetrupps zu defekten Windrädern zu schicken. Alle denkbaren technischen Berufe und Werkzeuge kommen dabei zum Einsatz. Das ganze System ist faszinierend. Nicht weniger beeindruckend als die Pyramiden von Gizeh oder die Moai auf den Osterinseln. Doch für die Umwelt sind solche Materialschlachten nicht hilfreich. Es ist daher kein Zufall, dass bei uns im Jahr 2020 die Emissionen pro Kopf mit 8,8 Tonnen deutlich über denen anderer reicher Länder lagen. China, welches sich herzlich wenig um die Umwelt schert, bewegt sich auf diesem Niveau. So etwas tut weh und ist peinlich für ein Land mit unseren Fähigkeiten und dem erklärten Willen, Gutes zu tun.

Umweltschutz kostet Geld. An unseren Flüssen sieht man, dass die Deutschen das Thema ernst nehmen und viel davon verstehen. Doch bei den Emissionen werfen wir Milliarden um uns, wie ein Dreijähriger Bauklötze. Ohne schlüssiges Konzept, voller Emotionen und Theatralik, frei von jedem Selbstzweifel. Und natürlich erfolglos. Daher schüttelt man im Ausland nur noch den Kopf über uns. Brüssel mal ausgenommen, weil dort ohne unser Geld gar nichts läuft. 

Probleme, sagte mal ein berühmter Physiker, kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Das wurde die letzten zwanzig Jahre mit deutscher Gründlichkeit versucht. Es ist Zeit, die Ergebnisse zu bewerten und erneut umzudenken. Dies nützt der Umwelt, Ihnen und natürlich auch Ihrem Fitnessclub. 


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