Mittwoch, 1. Mai 2024

Ausgehen – In München steht ein Hofbräuhaus

Wie sich die Anzahl der Fitnessclubs in Deutschland entwickelt hat, ist sowohl erfreulich als auch leicht herauszufinden. 1.000 waren es vor 40 Jahren, im Vergleich zu 9.500 heute. Ganz anders ist das bei Kneipen. Denn, erstens, gibt es Kneipen in der Sprache der Statistik nicht und, zweitens, sind die Daten niederschmetternd. Denn diesem Sehnsuchtsort, der von Statistikern Schankwirtschaft oder getränkegeprägte Gastronomie genannt wird, geht es nicht gut. Noch 1994 gab es 73.000 Stück davon, nur 19.000 sind heute noch übrig. Das ist ein harter Schlag für sozialaktive Menschen, doch es gibt gute Neuigkeiten. 

Die Reihe der vermeintlichen Schuldigen für das Kneipensterben in den vergangenen 40 Jahren ist lang. Privatfernsehen, Videotheken oder Streamingdienste werden oft genannt, aber auch Lieferdienste für Essen und Getränke. Natürlich haben all diese Kandidaten einen Beitrag zum Niedergang der Kneipe geleistet, doch hauptschuldig ist wohl keiner von ihnen. Weil Kneipen bereits seit Gründung der Bundesrepublik verschwinden. Und auch, weil es einige der Beschuldigten faktisch nicht mehr gibt, klassisches Fernsehen und Videotheken beispielsweise. Doch deren Niedergang hat unseren Kneipen in keiner Weise geholfen. Marc Zuckerberg, der 2004 anfing, geklaute Fotos auf Facemash zu posten, hat diesen Trend wohl deutlich stärker beeinflusst. Etwa viereinhalb Stunden am Tag starren Menschen derzeit auf ihr Smartphone, hat die Marktforschungsfirma Data.ai erhoben, die Hälfte davon auf Angebote Sozialer Medien. Bisher jedenfalls, denn es sind Facebook & Co, die nun Grund zur Hoffnung geben.

Eine immer geringere Zahl von Menschen hält Soziale Netzwerke für geeignet, einem breiten Publikum ihre politischen Ansichten, Details zu ihrem Tagesablauf oder andere Trivia näherzubringen. Auch als Lieferanten von Schlagzeilen haben Soziale Medien ausgedient. Die öffentlichen Profile der Nutzer werden zunehmend mit platter Unterhaltung und Werbevideos geflutet. Folgt also auf den Nahtod der Kneipe nun das Sterben der Sozialen Netzwerke?

Wohl nicht. Doch der Trend, so schreibt der Economist kürzlich, geht hin zu privaten Chat-Gruppen bei Instagram, LinkedIn, WhatsApp, X oder TikTok. Eigentümer dieser neueren Apps sind meist dieselben Firmen, welche in den letzten Jahrzehnten Soziale Netzwerke entwickelt und betrieben haben. Der entscheidende Unterschied liegt also nicht beim Programmierer der Chat-Gruppen, sondern in deren Größe. Denn die sind so klein, dass ihre Teilnehmer leicht an einen Kneipentisch oder in einen Yoga-Kurs passen. Werden sich die Mitglieder dieser Gruppen zukünftig häufiger in der realen Welt treffen? Das ist anzunehmen, denn natürlich ist es einfacher acht oder zehn Leute aus einem Chat zu mobilisieren als tausende Follower bei Instagram oder hunderte von Facebook-Freunden. 

Wir wissen nicht, ob Kneipen merklich von der steigenden Popularität der Chat-Gruppe profitieren werden. Als Fans gepflegter Rückzugsorte, hoffen wir das. Doch wir wünschen uns auch, dass eine größere Zahl dieser zukünftigen Treffen bei uns im Fitnessclub stattfinden wird. Um so das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Selbstverständlich hilft Sport am Abend auch den gebeutelten Kollegen aus der Gastronomie, was uns zusätzlich freut und motiviert.






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