Sie haben sich entschieden, wollen in der Fitnessbranche Ihr eigener Chef werden. Nur die Details sind noch zu klären. Auf welche Weise Sie die Umsetzung angehen, sollte vor allem davon abhängen, wie Sie Ihre Fähigkeiten einschätzen und welche Ressourcen Sie einsetzen werden. Vorab müssen jedoch einige grundsätzliche Fragen beantwortet werden.
Kleinflächenkonzept oder ein echter Club? Das sollte von Ihren Erfahrungen abhängen. Sind Sie Personal Trainer oder haben noch nie eine größere Anlage geführt? Dann ist ein Kleinflächenkonzept Ihre erst Wahl. Der Kapitaleinsatz ist gering, und Sie können Ihre Stärken voll ausspielen. Nebenbei lernen Sie wichtige kaufmännische und administrative Grundlagen, sammeln erste Erfahrungen in der Führung von Mitarbeitern. Natürlich sind der Umsatz und somit Ihr Ertragspotential überschaubar, zudem stehen Sie fast immer selbst im Laden. Aber egal, Ihr Fokus liegt auf der persönlichen Betreuung. Teuer, aber gut. Falls das nicht Ihre Vision ist, dann sollte es ein richtiger Club sein. Einer mit einer Fläche für ein paar hundert oder ein paar tausend Mitglieder. Der Betrieb einer solchen Anlage erfordert deutlich mehr Erfahrung. Besitzen Sie die, dann ist ein großflächiger Club Ihre erste Wahl.
Service oder Preis? Ihre Erfahrung haben Sie in einem bestimmten Umfeld gesammelt. Vielleicht als Manager eines hochpreisigen Clubs mit hervorragendem Service oder als Leiter der Filiale eines Discounters. Lassen Sie sich von Ihrem ehemaligen Umfeld nicht zu sehr vereinnahmen. Ihre Form der Umsetzung sollte nicht davon abhängen, welches Geschäftsmodell Sie bereits im Detail kennen. Möglicherweise gibt der Standort, den Sie für Ihre eigene Anlage auswählen, mehr her. Vielleicht missfällt Ihnen das bisherige Serviceniveau oder Preismodell schon längere Zeit. Für diese Entscheidung sollte Ihre Überzeugung den Ausschlag geben, nicht Ihre Vergangenheit. Sie meinen, die Stunde des Discounts hat geschlagen? Für Sie liegt die Zukunft in einem besseren Service? Egal, am richtigen Standort mit der richtigen Einstellung können Sie beide Konzepte zum Erfolg führen. Oder scheitern natürlich. Dennoch, ein Richtig oder Falsch gibt es bei dieser Frage nicht.
Gebraucht oder neu? Das Kapital, welches Sie für Ihr Projekt einsetzen, beeinflusst Ihre Grundsatzentscheidung über die Art von Anlage, die Sie erwerben oder aufbauen werden. Eine ältere Anlage zu übernehmen, erfordert in einigen Fällen gar kein nennenswertes Startkapital. Die besten Clubs in Deutschland können ohne Immobilie 5-6 Mio. Euro pro Stück kosten. Im Vergleich zu Letzterem ist die Neueröffnung einer Großanlage für etwas mehr als eine Mio. Euro verhältnismäßig günstig. Doch günstig sollte immer nur eines Ihrer Kriterien sein. Bei der Übernahme einer älteren Anlage mit Schwächen haben Sie in der Anfangszeit deutlich mehr zu tun als nach einer Neueröffnung oder dem Erwerb eines Spitzenclubs. Eine gebrauchte Anlage mit Schwächen muss umgebaut oder saniert werden, die Geräte sind zu ersetzen. Die hochwertige Sanierung eines einzigen Sanitärbereichs mit ein bisschen Lüftung kann schnell 200.000 Euro kosten. Dennoch, Sie müssen das Umfeld der Anlage davon überzeugen, dass bei Ihnen jetzt ein neuer Wind weht. Dem anfänglich geringen Aufwand für den Erwerb eines gebrauchten Clubs mit Schwächen müssen Sie neben dem notwendigen Sanierungsaufwand auch den Wert Ihrer Lebenszeit hinzurechnen. Solche Vorhaben können leicht zu Zeitfressern werden, mit ungewissem Ausgang. Bei einer neuen Anlage liegt der größte Teil Ihrer Arbeit vor dem Eröffnungstermin. Natürlich will eine Neueröffnung finanziert werden, sowohl die Hardware als auch die Verluste der ersten zwei Jahre. Bei einer großen Fitnessanlage in gemieteten Räumen halten sich diese beiden Positionen in etwa die Waage, es sind zwischen 400.000 und 700.00 Euro jeweils. Maximal die Hälfte der Projektkosten sollte durch Bankdarlehen, Mietbürgschaften oder Leasing finanziert werden. Dies bedeutet, dass Sie für eine neue Großanlage zwischen 400.000 und 700.000 langfristiges Kapital selbst mit zur Party bringen sollten. Mindestens, mehr ist immer besser. Es ist zudem vorteilhaft, dafür zu sorgen, dass weder für Sie noch für Ihre Mitgesellschafter der Verlust dieses Kapitals eine Katastrophe auslöst. Die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlustes liegt in diesem Fall bei rund 15-20%. Die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Kapitalbindung mit geringer Wertsteigerung liegt bei 20-30%.
Ein Standort oder mehrere? Wer sich mit einem solchen standortbezogenen Einzelrisiko unwohl fühlt, der kann eine Unternehmensbeteiligung in der Fitness erwerben. Sehr einfach ist dies über die Börse. Seien Sie jedoch vorsichtig bei Wachstumsgeschichten. Deren Planungen sind meist hoffnungslos übertrieben und das Management durch substantielle Kickbacks motiviert. Auch im Beteiligungsmarkt gibt es regelmäßig Möglichkeiten, Fitnessketten zu erwerben. Rechnen Sie für die Suche, Prüfung und Abwicklung einer solchen Transaktion mit einer Vorlaufzeit von 12-18 Monaten. Um eine geeignete Gruppe zu finden, benötigen Sie entweder Fleiß oder einen Kenner des Marktes. Wir empfehlen das zweite. Als Maßgröße für den Firmenwert ist der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen, EBITDA, ein Indikator. Auf diesen wird für gute Clubs ein Faktor von 4,0 bis 5,0 mal gezahlt, auf schuldenfreier Basis. Clubs mit Schwächen bekommen Sie für 2,5 bis 3,5 mal. Lassen sie lieber die Finger von Clubs, die billiger sind, wenn Sie nicht wirklich viel Ahnung haben. Falls Sie drei Clubs übernehmen möchten, die zusammen einen EBITDA von 400.000 Euro erwirtschaften, dann sollten Sie mit einem Kaufpreis von 1,2 bis 1,8 Mio. rechnen, sowie mit Erwerbsnebenkosten von rund 150.000 Euro. Der Kaufpreis wächst in etwa proportional zum EBITDA, die Erwerbsnebenkosten entwickeln sich leicht unterproportional. Der Erwerb einer Gruppe mit mehreren Anlagen hat ein vorteilhafteres Risikoprofil als der Erwerb oder die Neueröffnung einer Einzelanlage. Dennoch ist es auch bei einem Gruppenerwerb sinnvoll, die Finanzierung konservativ zu strukturieren. Wir empfehlen, dass Sie bei einem Brancheneinstieg nicht mehr als 35% des Kaufpreises über eine Bank finanzieren. Dies nicht zuletzt aufgrund der notwendigen Ersatzinvestitionen und laufenden Instandhaltungskosten, die gebrauchte Anlagen mit sich bringen. Beide Positionen zusammen betragen im Schnitt etwa 40.000 bis 50.000 Euro pro Jahr und Anlage. Es ist ein kardinaler Fehler vieler Betreiber, ihre Bestandsanlagen zu vernachlässigen und nur in schnieke Neueröffnungen zu investieren. Häufig der Anfang vom Ende einer Erfolgsgeschichte, die nie jemand hören wird. Letztlich sollten Sie auch beim Erwerb einer Gruppe von Clubs darauf achten, dass ein Totalverlust oder eine langfristige Kapitalbindung mit geringer Rendite keine finanziellen Schwierigkeiten auslösen. Der Totalverlust ist bei einem Gruppenerwerb verhältnismäßig unwahrscheinlich. Dafür ist eine langjährige Kapitalbindung mit moderater Rendite für ein solches Unterfangen eher die Regel als die Ausnahme.
Selbst oder andere machen lassen? Für ein Kleinflächenkonzept reichen kaufmännische Grundkenntnisse aus der Berufsschule. Sie müssen lediglich aufmerksam lesen und nachfragen, sobald Sie etwas nicht verstehen. Für eine millionenschwere Neueröffnung und den Erwerb eines oder mehrerer guter Clubs benötigen Sie Berater. Selbstverständlich sind die Anforderungen bei kleinen Transaktionen geringer als bei großen. Falls es für Sie und Ihre Mitgesellschafter jedoch um echtes Geld geht, dann arbeiten Sie besser nicht mit Hinterwäldlern. In Bezug auf den Markt kann Ihnen kein Berater etwas Sinnvolles sagen, hier können Sie sparen. Bei Verträgen, sowie für die Prüfung von Bilanzen und Steuern, nehmen Sie besser Profis. Nicht nur, weil Hinterwäldler mehr Fehler machen, sondern auch, weil sie Ihre Zeit und die Ihrer Geschäftspartner verschwenden. Einem Wirtschaftsprüfer, mit dem wir einmal das Vergnügen hatten, waren die Unterschiede zwischen dem Erwerb von Wirtschaftsgütern, Asset Deal, und dem Erwerb von Geschäftsanteilen, Share Deal, nicht geläufig. Einer davon ist, ob Sie die bestehenden Mitgliedschaftsverträge übernehmen dürfen oder nicht. Ob die Hackenschmidt im Preis inbegriffen ist oder nicht, OK, aber die Mitgliedschaften? Das ist keine Kleinigkeit. Ein Verkäufer oder Vermieter, der die Wahl hat, entscheidet sich unter gleichen Bedingungen meist für den professioneller aufgestellten Bewerber. Falls Sie externe Investoren einbinden, sind Anwälte mit Erfahrung im Mittelstand empfehlenswert. Fehler bei der Gestaltung einer Investorenvereinbarung können Ihrem Projekt das Genick brechen, auch wenn sonst alles so weit läuft. Mitgesellschafter müssen Sie nach Abschluss der Transaktion persönlich betreuen. Für den laufenden Betrieb großer Fitnessanlagen empfiehlt sich hingegen die dauerhafte Einbindung von Dienstleistern. Mitgliederverwaltung, Beitragseinzüge, Buchhaltung, Personalverwaltung, all dies sollten Sie anfangs weder selbst erledigen noch an die Mitarbeiter des Clubs delegieren. Vermutlich machen es Dritte ohnehin besser. Noch wichtiger ist jedoch, dass Ihr Kopf frei für die Aufgaben bleibt, die den geschäftlichen Erfolg ausmachen. Das sind vor allem die Auswahl und Schulung des Personals, sowie die Steuerung des Vertriebs. Unabhängig von Ihrer Begeisterung für das Thema, funktional gesehen ist der Fitnessclub eine infrastrukturbasierte Vertriebseinheit. Einzige Ausnahme, wenn Sie Ihre Leistung flächendeckend über Niedrigpreise und Marke verkaufen. In diesem Fall ist der Club ein Distributionspunkt, etwa wie eine DHL Packstation.
Mittel- bis langfristig ist es recht wahrscheinlich, dass Ihnen eine unternehmerische Tätigkeit im Fitnessmarkt Spaß machen wird. Wenn Sie dranbleiben und nicht mit der Brechstange agieren, kann sich Ihr dortiges Engagement lukrativ entwickeln. Lassen Sie sich von untersetzten Best Agern, die in Sportwagen durch die Gegend kurven und ein paar Fitnessclubs haben, nicht täuschen. Die Fitness ist keine Branche mehr, in der das schnelle Geld zu verdienen ist. Dafür sind die Markteintrittsbarrieren zu niedrig und das operative Geschäftsrisiko zu hoch. Falls es Ihnen primär um das Geldverdienen geht und Sie viele Talente besitzen, dann sollten Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Fitness nicht allzu weit oben auf Ihrer Liste stehen. Falls Sie jedoch für die Fitness brennen und etwas Geduld mitbringen, dann freuen wir uns für Sie und wünschen gutes Gelingen.
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